Irrtümer


Nicht aus jedem vermeintlichen Fröschlein schlüpft ein Prinz, wenn man es nur genug küsst! ;)      - Bildbeschreibung: Eine Dame hält ein grünes Chamäleon auf ihrer Hand und will es küssen wie einen Märchenfrosch. Doch es schnellt nur seine lange Zunge hervor. Diese landet im Gesicht der Frau, welche ihren Kopf erschreckt zur Seite dreht.




Es kommt nicht selten vor, dass das Asperger Syndrom mit rein psychologischen Problemen verwechselt wird.

Etwa mit extremer Schüchternheit.

Mit großer sozialer Unsicherheit, die auf der übertriebenen Sorge darum beruht, was andere von einem denken könnten.

Oder mit der Überbewertung von Befindlichkeitsstörungen aufgrund übersteigerter Selbstbeobachtung.



Dies beruht auf einem Missverständnis:

Das Asperger Syndrom ist eine schwerwiegende lebenslange autistische Behinderung, die erheblich mehr beinhaltet, als sehr schüchtern zu sein, Einzelgänger zu sein, eine Sozialphobie zu haben oder Kommunikationsprobleme zu haben.

Diese Behinderung beruht auf neurologischen Problemen, "komplexen Störungen des Zentralnervensystems, insbesondere im Bereich der Wahrnehmungsverarbeitung," * die nach heutigem Wissen höchstwahrscheinlich zumindest unter anderem genetisch bedingt ist.



Das bedeutet unter anderem:

Autismus ist nicht heilbar.

Autismus wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus.

Autismus ist eine Mehrfachbehinderung.

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung.
...-Störung, nicht -Verzögerung! Es ist also keineswegs so, dass die "normale" Entwicklung lediglich langsamer verläuft oder später einsetzt. Autismus "wächst sich" nicht "aus".


Autismus hat nichts zu tun

mit der "inneren Einstellung",
nichts damit, dass sich Betroffene etwa "nicht genug Mühe" gäben, ihren Zustand zu ändern,
nichts mit "mangelnder Willenskraft",
nichts mit "sich nicht zusammenreißen",
nichts mit "Selbstmitleid",
nichts mit "sich Hängenlassen",
nichts mit "Faulheit",
nichts mit "schlechter Arbeitshaltung",
nichts mit "zu schwach sein, den inneren Schweinehund zu überwinden",
nichts mit "fehlender Motivation",
nichts mit "Gleichgültigkeit"
nichts mit "Arroganz",
nichts mit "Egoismus"
nichts mit "Bosheit",
nichts mit "Trotz",
nichts mit Überempfindlichkeit im Sinne von "sich anstellen" oder "mimosenhaftigkeit",
nichts mit "verwöhntsein",
nichts mit "zu viel Grübeln",
nichts mit "Einbildung",
nichts mit "Melancholie",
nichts mit "Trübsal blasen",
nichts mit "unzureichender Erziehung",
nichts mit "zu einseitig kognitiver Förderung",
nichts mit "nicht genug gefordert worden zu sein",
nichts mit "vernachlässigt worden zu sein"
nichts mit "unverarbeiteten Traumen",
nichts mit "sich in der Einsamkeit gefallen",
nichts mit "sich darin gefallen anders zu sein",
nichts mit "nicht dazu gehören wollen",
nichts mit "nicht erwachsen werden wollen",
nichts mit "Querdenken",
nichts mit "einer Modeerscheinung",
nichts mit "Zeitgeist"
etc.
etc.
etc.



Es ist nach heutigem Wissen nicht möglich, Autismus jemals "loszuwerden".
Weder durch Erziehung, noch durch Medikamente, noch durch Diäten, noch durch irgendeine sonstige Maßnahme gleich welcher Art.
Man kann einzelne Symptome manchmal - leider durchaus nicht immer - mit viel Glück und sehr viel Engagement etwas mildern.
Es ist manchmal - leider durchaus nicht immer - möglich, mit sehr viel Einfühlungsvermögen, Verständnis, Geduld und intensivem Training dem Autisten zu helfen, einen Weg zu finden, ein wenig besser mit all den schwerwiegenden und sich auf jeden Lebensbereich auswirkenden Beeinträchtigungen umzugehen.

Mehr leider nicht. Die Beeinträchtigungen selbst bleiben immer bestehen. Die meisten Betroffenen bleiben lebenslang auf begleitende Hilfen angewiesen.


Autismus gilt in Fachkreisen als eine der schwerwiegendsten Behinderungen überhaupt.
Und damit auch das Asperger Syndrom.

Selbstverständlich gibt es auch andere schwerwiegende Probleme.
Doch sollte niemand die mit Autismus verbundenen Probleme verharmlosen.



© Cornelia Rienks 2001



* Zitat aus:

Hinweise zum Umgang mit und zur Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom und High-functioning Autismus.
Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes "Hilfe für das autistische Kind".

Zu beziehen über http://www.autismus.de



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