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Pseudo-Lennox-Syndrom
Das Pseudo-Lennox-Syndrom ist eine relativ seltene Form der Epilepsie.
Ihren Namen hat sie von der Ähnlichkeit der Anfälle zu denen des Lennox-Gastaut-Syndromes.
Das Pseudo-Lennox-Syndrom beginnt meist zwischen dem 2. und dem 7. Lebensjahr. Meist sind normal entwickelte Kinder betroffen, welche jedoch oftmals eine leichte allgemeine Entwicklungsstörung oder Teilleistungsstörungen haben (die sich im Verlauf der Erkrankung verstärken können); es kann aber auch bei Hirnschädigungen auftreten.
Sieht man von letzteren Fällen ab, so ist das Auftreten idiopathisch (auch “genuin” genannt) begründet. Das unterscheidet es vom Lennox-Gastaut-Syndrom. Auch treten beim Pseudo-Lennox im Gegensatz zu jenem keine rein tonischen Anfälle auf.
Ansonsten jedoch ist gerade eine ungewöhnliche Vielfalt von Anfallserscheinungen kennzeichnend für das Pseudo-Lennox-Syndrom. Neben Rolando-Anfällen (womit bei meinem Sohn "Lugia" die Epilepsie zunächst diagnostiziert wurde, bevor Pseudo-Lennox-Syndrom und ESES sich zeigten) treten generalisierte tonisch-klonische Anfälle, myoklonische Anfälle, atonisch astatische Anfälle, atonische Nickanfälle und atypische Absencen auf.
Es besteht eine Neigung zu Staten.
Das EEG zeigt immer eine schwere multifokale Veränderung, besonders im Schlaf.
Das Pseudo-Lennox-Syndrom ist häufig mit einem ESES verbunden.
Besonders diese ununterbrochene generalisierte hypersynchrone Entladung im Schlaf sowie Anfallsstaten können schwerwiegende bleibende Enwicklungsstörungen zur Folge haben, bis hin zu einer schweren geistigen Behinderung.
Darum ist eine ausreichende Behandlung sehr wichtig. Doch gestaltet sie sich leider sehr schwierig.
Darum weisen gut die Hälfte der Betroffenen gegen Ende der Pubertät erhebliche Rückstände in ihrer geistigen Entwicklung auf.
Dennoch wird das Pseudo-Lennox-Syndrom zu den gutartigen Epilepsien gezählt. Dies ist der Fall, weil in den meisten Fällen die Betroffenen mit Ende der Pubertät anfallsfrei werden.
Die markierten Begriffe werde ich später noch gesondert erklären.
Das Wort idiopathisch (oder auch “genuin”) bedeutet, dass man keine konkrete Ursache für das Entstehen der Epilepsie nachweisen kann und darum vermutet, dass es sich um eine Veranlagung handelt. Dafür spricht, dass derartige Epilepsieformen oder auch nur die im EEG erkennbare Erhöhung der Anfallsbereitschaft betroffener Gebiete in der Hirnrinde, familiär gehäuft belegbar sind, ohne dass sonstige Krankheitszeichen auftreten müssen. So sind etwa 15% der Geschwister von Kindern mit einer solchen Epilepsieform von einer derartigen Anfallsbereitschafts-Erhöhung betroffen, im Gegensatz zu etwa 2% der Kinder in der übrigen Bevölkerung. Es wird also die Prädisposition zur Erkrankung, d.h. ein erhöhtes Erkrankungsrisiko vererbt, nicht die Erkrankung direkt.
Man geht davon aus, dass bei idiopathischen Epilepsien eine Hirnreifungsstörung ("cerebrale Maturationsstörung") vorliegt. Denn das Gehirn unterliegt bis zur Pubertät noch einem Reifungsprozess, bei dem sich die Empfindlichkeit der Reaktion der Nervenzellen auf Reize und die Bereitschaft, diese weiterzugeben noch stark verändern. Und von diesen Prozessen hängt unter anderem die Entwicklung und Ausprägung einer erhöhten Anfallsbereitschaft ab. Auch die Wellenformen und - folgen im EEG sowie der vom Hirn gesteuerte Hormonhaushalt ändern sich noch erheblich mit dem Wachstum des Gehirnes, das ebenfalls erst nach der Pubertät abgeschlossen ist.
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