Diagnosekriterien für AD(H)S



Hier finden Sie die offiziellen Diagnosekriterien, anhand welcher eine eventuelle AD(H)S-Diagnose gestellt wird.


Es gibt zwei offizielle Standardwerke zur Diagnosestellung bei psychischen und psychiatrischen Störungen. Es sind der

ICD 10

(International Statistical Classification of Diseases, Injuries, and Causes of Death, 10. geänderte Version; World Health Organisation, WHO = Internationale Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation WHO)
und der

DSM IV

(Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen, 4. geänderte Version; American Psychiatric Association)

Die gesamte Datei des ICD 10 können Sie hier online einsehen:
http://www.medknowledge.de/qualitaetsmanagement/icd_10_ops_301.htm
Der DSM IV ist bislang nur in Buchform erhältlich. Beide Systeme werden regelmäßig überarbeitet. Sie sind notwendige Abrechnungsgrundlage gegenüber den Krankenkassen.



Nach beiden Diagnose-Klassifizierungs-Systemen muss ein ADS oder ADHS bereits in der Kindheit beginnen, auch wenn es erst bei Erwachsenen diagnostiziert werden sollte.

Die Diagnosekriterien nach ICD-10 sind bei AD(H)S wenig befriedigend, da sie sich auf das Symptom der Hyperaktivität konzentrieren und fast vollkommen außer Acht lassen, dass es auch viele Betroffene gibt, die unter einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom ohne Hyperaktivität leiden. Im DSM-IV hingegen wird dies berücksichtigt und differenziert betrachtet.
Auch wird im ICD-10 übergangen, dass die Störung in der Regel im Erwachsenenalter nicht etwa plötzlich verschwindet, sondern - meist unter einer Schwerpunktverlagerung der Symptome - durchaus weiterhin besteht und die Betroffenen entsprechend belasten kann, so dass auch eine Diagnosestellung bei Erwachsenen noch sinnvoll ist. Im DSM-IV wird das zumindest beiläufig erwähnt.



Sollten Sie Fragen dazu haben, wie eine aussagefähige Diagnosestellung konkret durchgeführt wird, so empfehle ich Ihnen die Informationen hierzu auf ADD-Online: http://www.adhs.ch/add/cont/cont-diagn.htm sowie ergänzend die diesbezüglichen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendärzte: http://www.ag-adhs.de/public/ag/leitlinie.html.








Aus den oben genannten Gründen möchte ich nachstehend zunächst die

Diagnosekriterien nach dem DSM-IV

anführen.
Die Hervorhebungen im laufenden Text stammen jeweils von mir.



Es müssen hierfür A1 und / oder A2 und B und C und D und E zutreffen!


A1 Unaufmerksamkeit
Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit sind
während der letzten sechs Monate
in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessen Ausmaß
vorhanden gewesen:

  • Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten.
  • Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten.
  • Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere sie / ihn ansprechen.
  • Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen. (Nicht aufgrund oppositionellem Verhaltens oder Verständigungsschwierigkeiten.)
  • Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren.
  • Vermeidet häufig, oder hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger dauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben).
  • Verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden (z.B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug).
  • Lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken.
  • Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich.

  • A2 Hyperaktivität und Impulsivität
    Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität sind
    während der letzten sechs Monate beständig
    in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
    vorhanden gewesen:

    Hyperaktivität
  • Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum.
  • Steht in der Klasse oder in Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf.
  • Läuft herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist. (Bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben.)
  • Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.
  • Ist häufig "auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er/sie "getrieben".
  • Redet häufig übermäßig viel.

  • Impulsivität
  • Platzt häufig mit Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist.
  • Kann nur schwer warten, bis sie / er an der Reihe ist.
  • Unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder Spiele anderer hinein).


  • B
    Einige Symptome der Hyperaktivität-Impulsivität oder Unaufmerksamkeit, die Beeinträchtigungen verursachen, treten / traten bereits vor dem Alter von sieben Jahren auf.

    C
    Beeinträchtigungen durch diese Symptome zeigen sich in zwei oder mehr Lebensbereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause)

    D
    Es müssen deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein.

    E
    Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer sog. tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden (z.B. Affektive Störung, Angststörung, Dissoziative Störung oder eine Persönlichkeitsstörung).



    Subtypen:

    (Die Kriterien B, C, D und E sind obligatorisch.)

    TYP 1:
    Wenn die Kriterien A1 und A2 während der letzten sechs Monate erfüllt waren:
    DSM-IV 314.01 (entsprechend ICD-10 F90.0 ),
    Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Mischtypus.

    TYP 2: Wenn Kriterium A1, nicht aber Kriterium A2 während der letzten sechs Monate erfüllt war:
    DSM-IV 314.0 (entsprechend ICD-10 F98.8 ),
    Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend unaufmerksamer Typus.

    TYP 3: Wenn Kriterium A2, nicht aber Kriterium A1 während der letzten sechs Monate erfüllt war:
    DSM-IV 314.O1 (entsprechend ICD-10 F90.1 ),
    Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typus.

    Bei Personen (besonders Jugendlichen und Erwachsenen), die zum gegenwärtigen Zeitpunkt ADHS-Symptome zeigen, aber nicht mehr alle Kriterien erfüllen, wird "teilremittiert" spezifiziert.



    ___nach oben









    Der

    ICD-10

    benötigt verschiedende Diagnoseschlüssel, um alle Aspekte des AD(H)S kennzeichnen zu können und wirft dabei als Ausgleich manches in einen Topf, was nicht dorthin gehört. Dies bedarf dringend einer Überarbeitung. Bitte beachten Sie hierzu auch meine Ausführungen über Diagnosestellungen.


    F90 Hyperkinetische Störungen

    Diese Gruppe von Störungen ist charakterisiert durch einen frühen Beginn,
    meist in den ersten fünf Lebensjahren,
    einen Mangel an Ausdauer bei Beschäftigungen, die kognitiven Einsatz verlangen
    und eine Tendenz, von einer Tätigkeit zu einer anderen zu wechseln, ohne etwas zu Ende zu bringen;
    hinzu kommt eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität.
    Verschiedene andere Auffälligkeiten können zusätzlich vorliegen.
    Hyperkinetische Kinder sind oft achtlos und impulsiv, neigen zu Unfällen und werden oft bestraft,
    weil sie eher aus Unachtsamkeit als vorsätzlich Regeln verletzen.
    Ihre Beziehung zu Erwachsenen ist oft von einer Distanzstörung
    und einem Mangel an normaler Vorsicht und Zurückhaltung geprägt.
    Bei anderen Kindern sind sie unbeliebt und können isoliert sein.
    Beeinträchtigung kognitiver Funktionen ist häufig,
    spezifische Verzögerungen der motorischen und sprachlichen Entwicklung kommen überproportional oft vor.
    Sekundäre Komplikationen sind dissoziales Verhalten und niedriges Selbstwertgefühl.

    Exkl. [Ausschlussdiagnosen sind]:
    Affektive Störungen (F30-F39)
    Angststörungen (F41, F93)
    Schizophrenie (F20)
    Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84)
    [trotzdem können ADHS und Autismus parallel vorhanden sein und auch beide nebeneinander diagnostiziert werden. Mehr dazu später unter Komorbiditäten]

    F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

    Aufmerksamkeitsdefizit bei:
  • hyperaktivem Syndrom
  • Hyperaktivitätsstörung
  • Störung mit Hyperaktivität

  • Exkl. [Ausschlussdiagnose ist]:
    Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens ( F90.1 )


    F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens

    Hyperkinetische Störung verbunden mit Störung des Sozialverhaltens


    F90.8 Sonstige hyperkinetische Störungen


    F90.9 Hyperkinetische Störung, nicht näher bezeichnet

    Hyperkinetische Reaktion der Kindheit oder des Jugendalters ohne nähere Angaben.
    Hyperkinetisches Syndrom ohne nähere Angaben


    ...


    F98.8 Sonstige näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

    Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität [Hervorhebung von mir]
    Daumenlutschen
    Exzessive Masturbation
    Nägelkauen
    Nasebohren


    F98.9 Nicht näher bezeichnete Verhaltens- oder emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend





    ___nach oben



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