Der Begriff Epilepsie ist auch heute noch vielfach von Vorurteilen geprägt.
Früher hielt man Epileptiker - je nach Kulturkreis - für von guten oder bösen Mächten / Dämonen / Geistern besessen.
Heute noch glauben überraschend viele Laien, Epilepsie sei eine Geisteskrankheit. Dies trifft jedoch nicht zu.
Epileptiker werden zwar oft für "verrückt" gehalten oder für betrunken oder für geistig behindert, und natürlich gibt es auch tatsächlich betrunkene Epileptiker und auch solche mit geistiger Behinderung. Doch die meisten sind im Allgemeinen nüchtern und es gibt auch hochintelligente Epileptiker. Einige Menschen mit Epilepsie sind sehr berühmt geworden, angefangen von A wie Aristoteles bis Y wie Neil Young. Eine ganze Reihe davon sind hier aufgeführt: http://www.epilepsien.de/daten/start_prom.htm
Der alte Begriff Fallsucht stammt von dem Erscheinungsbild bestimmter Anfallsformen her, bei denen Betroffene bewusstlos zu Boden stürzen können. Diese Symptome betreffen aber nur einen Teil der vielen verschiedenen Formen epileptischer Anfälle.
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, sie betrifft die Steuerung der Nervenimpulse im Gehirn.
Der Begriff Krampfanfall ist dabei etwas irreführend. Bei vielen Formen des epileptischen Anfalles krampfen sich zwar die Muskeln des Betroffenen zusammen, doch es ist nicht so, dass das Gehirn selbst sich etwa zusammenkrampft. Die Nervenzellen im Gehirn kommunizieren miteinander über elektrische Impulse, die mit Hilfe von chemischen Stoffen - den Neurotransmittern - weitergeleitet werden. Bei einem epileptischen Anfall geraten diese Impulse mehr oder weniger aus dem Takt, es findet eine plötzlich überhöhte Aktivität statt, vergleichbar etwa mit einem Gewitter.
Hierbei kann dann je nach Anfallsform während der meist kurzen Anfallsdauer ganz oder teilweise die Kontrolle über die Muskulatur verloren gehen. Bei manchen Anfallsformen ist die Grundaktivität der Gehirnströme auch verlangsamt.
Es gibt unzählige Arten von Epilepsien und nicht alle davon sind im EEG sichtbar. Andersherum bedeutet nicht jede EEG-Veränderung eine Anfallsaktivität.
Hingegen gibt es auch EEG-Veränderungen, die zwar eine Art Vorstufe zum Anfall darstellen, also eine erhöhte Krampfbereitschaft signalisieren, aber noch keine Anfälle sind und auch nicht behandelt werden müssen. Eine Disposition (Veranlagung) hierzu kann auch ererbt werden, ohne dass je ein Anfall auftritt. Doch je nach Ausprägung wird der Arzt ein "auffälliges" EEG eventuell beobachten wollen, also gelegentliche EEG-Kontrollen anordnen.
Auch ein einzelner Krampfanfall bedeutet noch keine Epilepsie.
Jeder Mensch, auch ein vollkommmen gesunder, kann quasi jederzeit einen Krampfanfall bekommen. Auslöser hierfür können vielfältig sein, z.B. starker Stress, eine oder mehrere durchwachte Nächte oder überhaupt unregelmäßiger Schlaf, starker Alkoholkonsum, auch wenn er nur einmalig z.B. wegen einer Feier stattfand, ein Fieberschub (vor allem bei kleinen Kindern) u.v.a.
Solche einmaligen Ereignisse nennt man Gelegenheitsanfälle. Dies kommt bei etwa 5% aller Menschen irgendwann einmal vor.
Erst wenn wiederholt Anfälle auftreten, spricht man von einer Epilepsie.
Hierbei gilt die Faustregel, dass jeder Anfall den nächsten vorbereitet, also die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines weiteren erhöht.
Außerdem gibt es neben den epileptischen auch andere Formen von Anfällen, die mit einem epileptischen Anfall verwechselt werden könnten, wie z.B. den Pavor nocturnus.
Ob eine Epilepsie medikamentös behandelt werden muss, kommt ganz auf die Art und Häufigkeit und Schwere der Anfälle an.
In manchen Fällen kommt man auch ohne Medikamente aus, weil die Anfälle nur sehr mild sind, manchmal klingt eine Epilepsie auch von alleine wieder ab, manchmal jedoch lässt sich eine Epilepsie auch nur sehr schwer oder auch gar nicht medikamentös behandeln. In bestimmten Fällen kann dann auch eine Operation helfen, es kommt ganz auf die "Sorte" an, sowie auch auf die Ursachen für die Epilepsie (diese können sehr unterschiedlich sein, sind oft auch nicht bekannt).
Die meisten epileptischen Anfälle, vor allem, wenn sie nicht allzu häufig auftreten, sind nicht unmittelbar gefährlich im eigentlichen Sinne, allenfalls indirekt durch etwaige Unfälle aufgrund von Bewusstseinstrübungen oder motorische Kontrollverluste. Solche Unfälle sind bei den meisten Epilepsieformen aber ziemlich selten, darum ist auch das Autofahren bzw. der Erwerb des Führerscheins nicht generell verboten, sondern abhängig von Art und Verlauf der Epilepsie.
Es gibt allerdings Epilepsieformen, die unbehandelt oder nicht ausreichend behandelt zu einer mehr oder minder starken Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten führen und / oder teils massive Verhaltensauffälligkeiten bewirken können.
Tatsächlich akut gefährlich werden kann jedoch ein Status epilepticus. Dieser tritt aber bei den meisten Epilepsieformen nur selten auf.
Das Epilepsiezentrum Kork hat einen kleinen Trickfilm erstellt, der anschaulich und zugleich amüsant in auch für Kinder geeigneter Form die Vorgänge im Gehirn bei einem epileptischen Anfall veranschaulicht. Er ist hier bei YouTube zu sehen:
"Von Anfällen und Ameisen."
Informationen von Prof. Dr. B. A. Neubauer, Abt. Neuro- und Sozialpädiatrie an der Uni Gießen, über das Auftreten von Epilepsie bei Menschen mit Autismus bietet diese Seite:
http://www.uniklinikum-giessen.de/neuropaed/AutismusundEpilepsie.html
Hier auf Autismus et cetera finden Sie außerdem eine umfangreiche kommentierte Linksammlung zum Thema Epilepsie.